Liebe LeserInnen,

Wir möchten heute einen Reisebericht von Ulrike Lorenzen, Vorsitzende der “Patengemeinschaft für Kinder in Indien e.V.” mit Ihnen teilen. Seit vielen Jahren unterstützen wir stolz diese Organisation, die sich leidenschaftlich für benachteiligte Kinder in Indien einsetzt (mehr Informationen: Verantwortung ). Der folgende Bericht gewährt einen Einblick in die aktuellen Entwicklungen und Erfahrungen, die die Patengemeinschaft vor Ort gemacht hat.

Indien, im Mai 2024

April/Mai 2024: Ganz Indien wählt eine neue Regierung. Auf unserer Reise zu den Heimen und Familien treffen wir immer wieder auf laute, sehr gut besuchte Wahlveranstaltungen. Die sowieso in ganz Indien übliche laute „Zwangsbeschallung“ aus allen möglichen Quellen wie Tempeln, Kirchen und Moscheen sowie Werbung für viele Dinge wird nun durch Wahlpropaganda noch verstärkt. Kandidaten stellen sich vor und versuchen, Stimmen zu gewinnen. Auch ist mehr Polizei an verschiedenen check-points und an den bundestaatlichen Grenze präsent. Zwischen dem 19. April und 1. Juni sind 970 Mio. Menschen in 28 Bundesstaaten und 8 „Union Territories“ zur Wahl aufgerufen. Gewählt wird per Knopfdruck auf eine Wahlmaschine.

Die Volkswirtschaft in Indien wächst

Indien ist nach wir vor eine der am schnellsten wachsenden Volkswirtschaft der Welt. Es wird in großem Umfang in die Infrastruktur – Straßen, Flughäfen, Seehäfen – investiert. Ausländische Investoren aus der Wirtschaft sind willkommen und Freihandelsabkommen werden verhandelt. Leider wird zu wenig in die Bildung investiert – das aber wäre dringend nötig! Auch Arbeitsplätze fehlen überall, besonders unter der jungen Bevölkerung ist die Arbeitslosigkeit groß.

Auf dieser Reise begleitet mich unsere 2. Vorsitzende Britta Pehmöller für ca 10 Tage. Der Austausch und das gemeinsame Erleben der Aufgaben sind sehr fruchtbar und wir haben endlich einmal Zeit, Dinge gemeinsam und in Ruhe zu durchdenken und zu besprechen. Da Britta schon viel länger als ich die Patengemeinschaft in leitender Funktion und als großzügige Patin unterstützt, verfügt sie über „historische Kenntnisse“. Wir sind mit unseren indischen Kollegen Baby, Yacob, Saju und Eldho unterwegs und werden über große Strecken sicher auf indischen Straßen gefahren. Es gibt wie immer sehr viel zu tun, aber die Stimmung auf unserer gemeinsamen Reise ist trotz der ungewöhnlichen Hitze und des engen Zeitplans fröhlich und entspannt.

Seit Monaten haben wir ein Seminar zur Berufsausberatung für die älteren Kinder vorbereitet. Es ist ein weiterer Baustein unseres verstärkten Engagements in der Ausbildungshilfe.

Seminar zur Berufsfindung

Mit dem Ausbau unserer Programme zur Unterstützung junger Leute in Ausbildung und Studium begegnen wir der Situation in Indien direkt und helfen den jungen Leuten beim schwierigen Weg in den Beruf. Das Seminar findet in Mylaudy auf dem Campus des CORC und in unseren dortigen Heimen statt. Eigentlich hatten wir diese Seminare bereits vor Corona geplant, aber aus bekannten Gründen war es nicht möglich. Umso mehr freuen wir uns, dass es nun klappt.

Da Schulferien sind, ist auf dem Campus und in den Heimen genug Platz, um während drei Veranstaltungen insgesamt 90 Kinder zu verköstigen und unterzubringen. Die Kinder reisen mit der Heimleitung und einigen Begleitpersonen in Bussen aus den Heimen in Tamil Nadu an. Die Psychologin Merlin, mit der wir schon viele Jahre zusammenarbeiten, leitet die Veranstaltung und hat alles gut vorbereitet. Zunächst gibt es eine kleine Vorstellungsrunde und die Kinder erzählen von ihren Traumberufen und Wünschen. Sie arbeiten in Kleingruppen, die Stimmung wird lockerer und alle sind mit großem Eifer bei der Sache. Unsere indischen Kollegen Saju und Eldho unterstützen Merlin. Nach der Mittagspause gibt es konkrete Informationen zu den einzelnen Berufsfeldern. Da die meisten Kinder keine Vorstellung von der ganzen Bandbreite der beruflichen Möglichkeiten haben, ist es sehr wichtig, dass sie einen Überblick erhalten. Wir werden diese Seminare in Zukunft regelmäßig veranstalten.

Außerdem wissen die Kinder, dass sie sich jederzeit über die Heimleitung mit unseren indischen Kollegen in Verbindung setzen können, wenn sie Fragen haben.

Große Bandbreite an Ausbildungsmöglichkeiten

Abgesehen von Universitäten und Colleges gibt es sogenannte „ITI´s (Industrial Training Instituts)“, die vom Staat oder auch privat betrieben werden. Hier werden Kurse für Elektriker, Klempner, Schweißer etc. angeboten. Es wird sowohl praktisch als auch theoretisch unterrichtet und in den meisten Fällen bekommen die jungen Leute nach der Ausbildung sofort eine Arbeit. Eines unserer Heime betreibt seit vielen Jahren ein kleines, privates Ausbildungsinstitut für industrielle Berufe. Wir haben einige dieser Institute besucht und werden diese Verbindungen weiter ausbauen.

Wir haben auch einige junge Menschen zu Hause besucht, die bereits Unterstützung erhalten. Im letzten Jahr hatte ich Aparna und Anupama besucht. Sie lebten mit ihrem bettlägerigen Vater in einem unfertigen Haus unter sehr schlechten Bedingungen. Die Mutter ist vor über 10 Jahren verstorben. In den vergangenen Monaten haben wir einige wichtige Reparaturen und Baumaßnahmen durchführen lassen und heute lebt die Familie in angemessenen Räumen und ist glücklich.

Paten für Familien dringend gesucht!

Auf unserer Reise besuchen wir wieder viele Familien. Sowohl neue Familien, die Hilfe beantragt haben, als auch Familien, die schon länger unterstützt werden. Ich ergreife gern die Möglichkeit zu schauen, wie sich die Situation der Familien entwickelt hat. Nach Jahren der zuverlässigen Unterstützung durch die Paten haben sich die Umstände meist zum Guten gewendet, sodass sie aus der Betreuung entlassen werden können. Wenn wir neue Familien besuchen, ist es immer wieder erschütternd zu sehen, unter welchen Bedingungen sie leben müssen. Sehr oft wohnen sie zur Miete oder beengt und improvisiert bei Verwandten. Die Mieten für diese „Behausungen“ sind hoch und keineswegs dem Zustand angemessen. In vielen Gegenden haben diese Wohnungen nicht einmal eine Toilette oder ein Bad.

Eine alleinerziehende Mutter mit einem Kind kann mit 35€ im Monat über die Runden kommen. Für jedes weitere Kind werden 5€ benötigt. Wir haben auch Anju Rajesh und ihre drei Kinder zu Hause besucht. Ihr Mann hat sich vor ein paar Monaten das Leben genommen und nun steht sie mit den Kindern allein da. Wir bieten den Familien eine solide, regelmäßige und zuverlässige Unterstützung, die ihnen eine Grundlage bietet, das Alltagsleben besser zu meistern. Es bleibt immer noch Raum und Notwendigkeit zur Eigeninitiative: das ist gut für das Selbstbewusstsein und die Würde!

Unsere Kinderheime

Auch auf dieser Reise besuche ich fast alle Kinderheime. Die meisten Kinder sind in den Ferien, aber einige Kinder bleiben im Heim, da es keine Eltern oder Verwandte gibt. Kaleeswari und Abirami wurden von den Behörden in einem Ashram gefunden und in unser Heim in Sivakasi gebracht. Man weiß nicht wer die Eltern sind. Beide Kinder suchen eine/n Patin/-en. Wie bereits mehrfach berichtet, wird der Betrieb von Kinderheimen immer schwieriger und die Anzahl der Kinder, die wir aufnehmen dürfen, sinkt. Auch gibt es eine erhöhte Fluktuation, da die Kinder nun auch unregelmäßig im Laufe des Jahres ins Heim kommen und sie es manchmal ebenso unregelmäßig während des laufendenden Schuljahres verlassen. Dadurch wird die Planung für uns immer schwieriger. Wir bitten unsere Paten um Verständnis für diese Situation.

Aber wir wissen auch, wie wichtig und gut unsere Arbeit in den Kinderheimen für die dort lebenden Kinder ist und wir werden weiterhin Kinder in Kinderheimen betreuen solange es geht! Bei meinen Besuchen in unseren Heimen konnte ich feststellen, dass der Standard in unseren Heimen wie immer sehr hoch ist und sich alle Mitarbeiter mit ungebrochenem Engagement um die Kinder kümmern. Zurzeit betreuen wir ca. 450 Kinder in den Heimen.

Da wir weniger Kinder in unseren Heimen betreuen dürfen, unterstützen wir Schulkinder direkt in den Familien. Es sind oft sehr begabte Schülerinnen und Schüler, deren Familien wir mit dieser Unterstützung den regelmäßigen Schulbesuch der Kinder ermöglichen.

Schulkinder werden direkt unterstützt

Vor der Aufnahme besuchen wir die Kinder immer zu Hause. In den meisten Fällen leben sie mit ihren Müttern in ärmlichsten Verhältnissen in gemieteten Unterkünften. Diese Kinder unterstützen wir mit 20€/Monat. Nach dem Schulabschluss wird der Beitrag für die Berufsausbildung ein wenig angepasst. Während meiner Reise habe ich wieder viele dieser Kinder zu Hause besucht und ich war sehr beeindruckt von der Zielstrebigkeit dieser Kinder und ihren Müttern.

Wie sieht die Zukunft der Patengemeinschaft in Indien aus?

Seit Beginn kümmert sich die Patengemeinschaft um benachteiligte Kinder und Familien. Noch vor einigen Jahren konnten wir sehr viele Kinder in unseren Heimen betreuen – mit großem Erfolg! Da die Anzahl der Kinder in den Heimen rückläufig ist, haben wir unser Engagement im Bereich der direkten Ausbildungs- und Schülerhilfe und Familienhilfe bereits deutlich ausgebaut. Dieser Übergang gelang ohne große Umstellungen, da die Infrastruktur und das know-how bereits vorhanden waren.

Bitte spenden Sie für unseren Ausbildungsfond

Wir unterstützen zurzeit ca. 450 junge Menschen in der Ausbildung bzw. Schule, Tendenz steigend. Da wir etliche Neuaufnahmen haben, bitten wir Sie herzlich um eine Spende für diese Kinder und Jugendlichen.

Im Januar und Februar waren Ärzte und Physiotherapeuten im Orthopädiezentrum CORC in Mylaudy. Ein Bericht über diesen Besuch werden Sie auf unserer homepage (www.patengemeinschaft.de) finden. Im Arche NoA Zentrum für Frauen in Mylaudy wird fleißig genäht und es finden immer wieder Veranstaltungen über relevante Themen statt.

Ich danke unseren Kollegen in Indien für die gute und vertrauensvolle Zusammenarbeit und für einen arbeitsreichen und fröhlichen Aufenthalt.

Ulrike
UlrikeLorenzen
1. Vorsitzende
“Patengemeinschaft für Kinder in Indien e.V.”
Schauen Sie doch einmal auf unsere Homepage www.patengemeinschaft.de, um umfassende Informationen zu bekommen und Aktuelles zu erfahren.
Für Fragen, Anregungen, etc. und um uns Ihre Email-Adresse mitzuteilen, schreiben Sie uns bitte an: info@patengemeinschaft.de.
Spendenkonto:
Patengemeinschaft für Kinder in Indien e.V. DKB AG   
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