Die weltweite ungebrochene Tendenz zur weiteren Verhärtungen der Sachversicherungsmärke z. B. durch geopolitische Risiken, Inflation und Naturgefahren ist auch auf dem spanischen Sachversicherungsmarkt weithin zu erkennen.  Insbesondere steigende Schadenkosten durch klimatologische Ereignisse wie z. B. Dürren, Waldbrände, Extremtemperaturen oder Überschwemmungen werden absehbar nicht zu einer Entspannung der weltweiten und nationalen Märkte führen. 

Für Risiken in Spanien beobachtet unser langjähriger Netzwerkpartner IberAssekuranz eine zunehmend verschärfte Auslegung bei den vertraglich zugrundeliegenden Obliegenheiten sowie der Klauseln in allen lokalen Sachpolicen. Dies ist unabhängig davon, ob es sich um rein lokale Verträge oder um die Frontingpolicen eines internationalen Programmes handelt.

Insbesondere betroffen sind strikte Anwendungen bei der automatischen Vorsorge (Sach) bzw. Leeway Klausel (Nachhaftung in der Betriebsunterbrechung), welche eine unterjährige Erhöhung der Versicherungswerte während des Versicherungsjahres (z. B. durch Inflation, Investitionen oder positive Geschäftsentwicklungen) auffangen sollen.

Versicherungsnehmer müssen daher noch stärker als bisher darauf achten, dass die tatsächlichen Investitions- oder Roherträge (analog § 9FBUB) der laufenden Versicherungsperiode dem Versicherer mitgeteilt werden. Die Fristen und Meldeprozesse unterscheiden sich je nach Police und nach Versicherer. Grundsätzlich sollten daher bestenfalls aktuelle Zahlen vor der Fälligkeit erfolgen, zwingend aber kurz nach erfolgter Verlängerung, oder unterjährig bei Veränderungen der Risikosituation.

Sollte der Versicherungsnehmer die aktuellen Versicherungssummen nicht fristgerecht melden, werden entsprechende Klauseln zur Vorsorge und Nachhaftung automatisch ausgesetzt. Dies bedeute, dass im Schadenfall nur die in der Police dokumentieren Summen – ohne jede Vorsorge – versichert gelten. Der Kunde kann dann schnell in eine Unterversicherung geraten.

Problematisch wird es insbesondere, wenn die momentan dokumentierten Versicherungssummen in der Vergangenheit ermittelt oder festgelegt wurden. Im Fall der Betriebsunterbrechung verschärfen Haftzeiten von 24 bzw. 36 Monate die Problematik deutlich.

Beispiel Schadenabwicklung Betriebsunterbrechung:

Erneuerungsdokumente ausgestellt zum 1. Januar 2023

Jährlicher Bruttogewinn versichert: 100.000.000 € (basierend auf dem geprüften Geschäftsjahr 2021)

Entschädigungszeitraum: 24 Monate

Leeway-Klausel: +20% (+20.000.000 € jährlich)

Dieser Wert muss dem Versicherer innerhalb von 30 Tagen nach der nächsten Verlängerung mitgeteilt werden

“Reale” Bruttogewinnzahlen basieren auf:

Geschäftsjahr 2022: 108.000.000 €

Budgetzahlen 2023: 116.000.000 €

Budgetzahlen 2024: 124.000.000 €

PD/BI-Verlust zum 1. Juli 2022 als proportionaler und leicht berechenbarer BI-Betrag:

2022 (50%): 54.000.000 €

2023 (100%): 116.000.000 €

2024 (50%): 62.000.000 €

SUMME: 232.000.000 €

Fall 1) Die Meldung der realen Zahlen erfolgte rechtzeitig

  • Eine Änderungsmitteilung wurde für das Versicherungsjahr 2022 aufgrund einer Differenz im jährlichen Bruttogewinn von 8.000.000 € x 20% ausgestellt, was bedeutet, dass die Leeway-Klausel noch aktiv ist.
  • Folglich haben wir für das Jahr 2023 einen versicherten Jahreswert von 120.000.000 €, was eine vollständige Deckung für einen möglichen BI-Schadensfall gewährleistet.

Fall 2) Die Meldung der realen Zahlen erfolgte NICHT rechtzeitig

  • Da für das Versicherungsjahr 2022 keine Änderungsmeldung erfolgte, wurde die Leeway-Klausel automatisch ausgesetzt.
  • Folglich haben wir für das Jahr 2023 nur einen versicherten Jahreswert von 100.000.000 €, was in unserem Beispiel eine Unterversicherung von 32.000.000 € bedeutet.

Zusätzlich zu der Verschärfung der Auslegung der Klauseln im Rahmen des privaten Versicherungsmarkts möchten IberAssekuranz und TRC nochmal über die spezielle Situation und Anforderungen der lokal verpflichtenden Pooldeckung „Consorcio de Compensacion de Seguros“ informieren.

Der hinter dem Consorcio stehende Pool verlangt eine Einzelaufstellung von aktuellen – das laufende Versicherungsjahr betreffenden –  Risikoorten und eine Zuordnung der Versicherungssummen. Freizügigkeit und Vorsorge gelten auch für Consorcio, je nach Auslegung des Versicherers und den versicherungsvertraglich vereinbarten Bestimmungen. Im Schadenfall führen daher unzureichende oder dem Risikoort nicht zugordnete Versicherungssummen zu Problemen. Darüber hinaus hat der Kunde auch die administrative Voraussetzung für die Beantragung von Entschädigungszahlungen zu erfüllen und diverse Dokumente fristgerecht vorzulegen.

Administrative Auflagen sind z. B.

  • Schadenmeldung an das Consorcio innerhalb von 7 Tagen, nachdem der VN von dem Schaden Kenntnis erlangt hat.
  • Die Mitteilung muss der vorgegebenen Form des Consorcio entsprechen und erfordert den Nachweis diverser Dokumente (u. a. Kopie der letzten Prämienrechnung inkl. Zahlungsnachweis innerhalb der Zahlungsfrist von 30 Tagen ab Fälligkeit bei Verlängerungspolicen / „Cash before Cover“ bei Neuverträgen); Kopie der Versicherungsbedingen, Sideletter, Nachträge; …)
  • Bei Versicherungslösungen im Rahmen der Dienstleistungsfreiheit werden im Einzelfall Übersetzungen der Policen und ein Zahlungsnachweis nach spanischen Format verlangt.

Die Erfahrungen unseres spanischen Partnermaklers IberAssekuranz zeigen, dass sich bei Schadenabwicklung im Rahmen einer internationalen Sach / BU Programmpolice die negativen Auswirkungen von veralteten Versicherungssummen bei der Entschädigung möglicherweise verringert werden. In dieser Konstellation sind mit den beteiligten Versicherungen und Regulierern Verhandlungen möglich. Im Fall eines Consorico Schadens ist eine individuelle Betrachtung und Verhandlung mit Aussenregulierern nur bedingt, mit Sachbearbeitern nicht möglich.

Bitte klären Sie bei FOS Deckungen oder auch bei den Masterverträgen für globale internationale Programme in wieweit über Klauseln oder DIC / DIL Versicherungsschutz für die spanischen Risiken bestehen. Üblicherweise gelten Consorcio Risiken ausgeschlossen.

Sollten die versicherungsrelevanten Daten bzgl. Summen und Standorten zentral über das Headquarter in Deutschland zur Verfügung gestellt werden, bitten wir Sie, das zuständigen Riskmanagement Ihres Kunden entsprechend zu sensibilisieren und ggf. die Erfassung und Kommunikation der speziell für Spanien wichtigen Risikoinformation anzupassen.

Im Fall von einer dezentralen Bereitstellung der Daten für die Sachversicherung, wird sich der lokale spanische Makler mit dem lokalen Management austauschen.


Excurs Consorcio de Compensacion de Seguros

Der Consorcio wurde 1954 gegründet, um Versicherungsschutz für ‘außergewöhnliche Ereignisse’ zu bieten. Üblicherweise handelt es sich bei den Schadenfällen um Ereignisse, die als nicht oder nur sehr schwer versicherbar gelten. Seit 1990 ist Consorcio ein unabhängiges öffentlich-rechtliches Unternehmen, das dem Wirtschafts- und Finanzministerium unterstellt ist. In Spanien belegene Risiken müssen im Rahmen des Consorcio Pools versichert und die Poolprämien abgeführt werden.

Verträge, die im Rahmen der Dienstleistungsfreiheit (FOS) außerhalb des spanischen Marktes abgeschlossen werden, sind von dieser Verpflichtung nicht ausgenommen!

Bei rein lokalen Versicherungsdeckung sowie Frontingpolicen im Rahmen von internationalen Programmen erfolgt die Erhebung und auch Weitergabe der Poolabgaben automatisch durch alle spanischen Versicherer.

Über den Consorcio Pool werden in Spanien Naturgefahren (wobei Hagel hiervon ausgeschlossen ist) sowie soziale Unruhen und Terrorismus versichert.

Wichtigste betroffene Versicherungsverträge:

  • Sachversicherungen (private, gewerbliche oder industrielle Risiken, teilweise auch Infrastrukturprojekte)
  • KFZ Kaskoversicherungen
  • Personen Unfallversicherung

Versichert gelten:

  • Naturkatastrophen wie z. B. Erdbeben, Flutwellen, Sturmflut, Hochwasser, Vulkanausbrüche, Wirbelstürme / Orkan über 120km/h, Meteoriten oder Absturz von Himmelskörpern
  • Ereignisse mit sozialen Auswirkungen wie z. B. terroristische Handlungen, Aufruhr, Rebellion, Tumulte, Ereignisse hervorgerufen durch Streitkräfte in Friedenszeiten
Simone Hoffmann
Simone HoffmannSenior/ Key Account Manager